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Tao-Meister Zhang San-feng

In Tai Chi by Kung Fu München

Der taoistische Meister Zhang San-feng 张三丰 wird in China als Heiliger verehrt und gilt als Ahnherr des Tai Chi Chuan. So ist er von zahlreichen Legenden umwoben.

Zhang San-feng wurde in I-chou in der Provinz Liao-ning als Sohn eines höheren chinesischen Beamten geboren und lebte, so die Quellen, im 14. Jahrhundert. Er entschied sich schon früh sein Leben als taositischer Mönch zu führen.Viele Jahre hat er wohl im Wu-tang-Gebirge verbracht, welches noch heute eine zentrale und bedeutende Stätte des Taoismus sowie der inneren Kampfkünste ist. Als gegen Ende des 14. Jhd. das Gebirge von Soldaten verwüstet wurde, zog sich Zhang nach Szechwan zurück.

Zhang San-feng
„…Er war stark und von großer Statur, er hatte die Erscheinung einer Schildkröte (Symbol für Langlebigkeit) und eines Storches (Symbol für Unsterblichkeit). Er hatte enorme Ohren und kreisrunde Augen. Sein Bart und sein Schnäuzer richteten sich auf wie die Klinge einer Hellebarde. Sein Haar war zu einem Knoten zusammengebunden, und er trug immer ein Fußmaß (chinesisches Längenmaß) in seiner Hand. Ungeachtet dessen, ob es Sommer oder Winter war, war er stets mit einer Soutane bekleidet…“Beschreibung von Zhang San-Feng in seiner Biographie "Chronik des höchsten Gipfels des T‘ai-ho-Gebirges"

Zhang San-feng hat sich selbst als „Meister der dreifachen Fülle“ bezeichnet, woher sein Name San-feng rührt. Im Jahr 1393 kündigte er an, dass er diese Welt verlassen würde und starb dann im Chin-t‘ai-Kloster in Pao-chi. Es gibt jedoch eine Legende, welche berichtet, daß er nach seinem Tod wieder lebendig wurde. So wird Zhang San-feng als unsterblicher Lehrer taoistischer Einsiedler angesehen. Insbesondere in den Wu-tang-Bergen soll er seine Lehren einigen wenigen Schülern überliefert haben. In der chinesischen Geschichtsschreibung sind kaiserliche Edikte überliefert worden, in welchen berichtet wird, wie zwei Ming-Kaiser Boten aussandten, um den taoistischen Meister zu suchen und an den Hof zu bringen. Obwohl diese Boten jahrelang nach ihm forschten, konnten sie ihn nicht aufspüren. Niemand, außer seinen wenigen Schülern, hat Zhang San-feng jemals zu Gesicht bekommen. Und selbst die Berichte dieser Schüler ähneln phantastischen Legenden über Heilige und Unsterbliche.

Zhang San-feng und Tai Chi Chuan

Als Zhang San-feng als Einsiedler in den Wu-Lang-Bergen lebte, beobachtete er eines Tages den Kampf zwischen einer Schlange und einem Kranich. Der Vogel, der seinen spitzen scharfen Schnabel als Waffe benutzte, versuchte die Schlange wieder und wieder anzugreifen. Dank ihres biegsamen beweglichen Körpers gelang es der Schlange jedoch, jeder Attacke auf graziöse Weise auszuweichen, bis der Angreifer schließlich die Zwecklosigkeit seiner Lage erkannt hatte und davonflog. Tief beeindruckt dadurch, dass das Weiche das Harte überwinden kann, schuf er eine Kampfkunst, welche auf kreisenden Bewegungen und der Weichheit beruht. Zhang San-feng und seine Verbindung zur Kampfkunst wird in chinesischen Quellen erstmals im 16. Jahrhundert erwähnt So steht z.B. in der Biographie des berühmten Kampfkunstmeisters Chang Sung-ch‘i geschrieben, Zhang habe seine Kunst im Traum vom Dunklen Kaiser (hsuan-ti) gelernt. In diesen Quellen ist jedoch noch nicht von Tai Chi Chuan, sondern von der „inneren Schule“ (nei-jia 内 家) die Rede. Die Bezeichnung „innere Schule“ wurde häufig als Gegensatz zur „äußeren Schule“ (wai-jia 外 家), dem Shaolin Kung-Fu, gebraucht. Ebenso wie im Shaolin Kung-Fu spielten auch in dieser Schule u.a. Übungen zur Entwicklung des Chi eine große Rolle, aber sie waren nicht mit Kampftechniken verbunden.

Zhang San-feng war nicht der direkte Begründer des Tai Chi Chuan. Warum wird er dennoch als der Ahnherr dieser Kampfkunst angesehen? Dafür gibt es wohl mehrere Gründe. So wird u. a. die Legende erzählt, dass ihn der Kriegsgott Chen-wu als Schüler würdig erachtete und ihm seine Kunst im Traum überlieferte. Hierdurch wird eine Beziehung zwischen Zhang San-feng und der Kampfkunst hergestellt. Außerdem wird Zhang San-feng oft mit der Ch‘uan-chen-Tradition, einer inneren alchemistischen Schule, in Verbindung gebracht. Diese Schule des „vollkommenen Wahren“ (ch‘uanchen) ist im 11. Jahrhundert entstanden. Einer ihrer Hauptaspekte war die Entwicklung und Verfeinerung der Energien im menschlichen Körper. Um dieses Ziel zu erreichen, widmeten sich die Adepten körperlichen Übungen, Atemtechniken und der Meditation. Sowohl das Ziel, als auch die Methoden dieser Schule sind im Tai Chi Chuan wieder zu finden. Man kann davon ausgehen, dass was Meister Zhang damals seinen Schülern vermittelte, auch heute noch in traditionellen Tal Chi Chuan Schulen gelehrt wird. Auch die Stellungen und Prinzipien, die in seinen Büchern erwähnt sind, haben auch heute noch Gültigkeit und sind die Basissteine aller Tai Chi Arten bzw. -Stile. Peng (wardoff), lu (rollback), chi (press), an (push), ts‘ai (pull), lieh (split), tsou (elbow) und k‘ao (shoulder) sind die acht Richtungen (Ba Gua). Vor und zurück schreiten, nach links und rechts blicken und das Gleichgewicht zentralisieren sind die Grundelemente.

So vereinigt der taoistische Meister Zhang San-feng zwei Hauptaspekte des Tai Chi Chuan in sich, nämlich den Aspekt des Kampfes und den der Entwicklung menschlicher Energien. Auf diese Weise betrachtet ist es nicht verwunderlich, dass gerade er als Patron des Tai Chi Chuan gilt und so für alle Schüler dieser Kunst ein Vorbild ist.

Quelle:
Schätze der traditionellen Kampfkünste III